Jagdhundezucht: Der Weg ins Verderben?
Ein hochspannedes Interview mit Prof. Dr. Jörg T. Epplen . Er ist Humangenetiker an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des VDH.
Hier findest du eine Zusammenfassung des hochinteressanten Interviews mit Prof. Dr. Jörg T. Epplen, Humangenetiker an der Ruhr-Universität Bochum und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des VDH. Folgende Themen wurden in diesem Gespräch mit Stephan Elison behandelt:
- Verbrecherische Zuchtstrategien
- Gefahren der Inzucht
- Einfluss der Gene
- Umwelt und Erziehung im Hinblick auf dieLeistung von Hunden
- Die „hohe Kunst des Züchtens“
Wie entstehen Schäden bei kleinen Spezialhunderassen durch Züchter oder Zuchtverbände?
Mit Geschwistern zu züchten, oder nur mit einem Geschwisterpaar kann fatale Schäden anrichten. Die teure Variante besteht darin, Top-Hunde zu klonieren bzw. zu kopieren, quasi den Prototyp der Rasse darzustellen (das ist alles schön möglich für rund $ 56k).
Diese verbrecherische Zuchtstrategie ähnelt durchaus angewandten Praktiken in manchen Vereinen, wo prämierte Rüden besonders häufig zum Zuchteinsatz kommen.
In einer verantwortungsvollen Zucht kommt ein gesunder Hund, der keine offensichtliche Erbkrankheit hat, maximal einmal zur Fortpflanzung. So bleibt das, was an genetischer Variabilität heute noch in der Rasse vorhanden ist, erhalten.
Zuchtwerteinschätzung
In vielen Verbänden stellt die wissenschaftliche Zuchtwertschätzung ein wichtiges Instrument dar. Das heißt, dass Leistung und äußeres Erscheinungsbild eines Hundes, insbesondere von Deckrüden, bewertet werden.
In vielen Fällen ist diese jedoch irrelevant, denn einklarer Menschenverstand sagt dem Züchter dasselbe, wie die Zuchtwertschätzung.
Was sagen Leistung und Erscheinungsbild eines Hundes – der Phänotyp – über den Genotyp, sein genetisches Potenzial aus?
Die Antwort ist einfach, denn praktisch alle morphologischen Merkmale – Rute, Fell, Größe, Verhalten, Leistung – sind multifaktoriell. Mehrere Gene und Umwelteinflüsse sind also dafür verantwortlich. Die Erscheinung eines Hundes sagt also nur aus, dass die tatsächlich verwirklichten Möglichkeiten anhand des Genotyps gegeben sind. In einer Rasse ist dasPotenzial für bestimmte Leistungen angelegt, aber es sind Umwelteinflüsse – Ausbildung, Haltung, Hundeführer – die darüber entscheiden, ob das Potenzial explizit zurAusprägung kommt. Da gibt es eine breite Spanne der Merkmalsausprägungen, aber die genetische Grundlage muss natürlich angelegt sein: Man kann aus einem Vorstehhund keinen Erdhund machen.
Welche genetischen Risiken birgt es, gezielt auf die Unterdrückung oder Hervorhebung bestimmter Merkmale zu züchten?
So wird die genetische Variabilität eingeschränkt, oder sogar kritisch eingeschränkt.
Stichwort Epilepsie, speziell bei kleinen Rassen
Man muss sehr genau abwägen, ob es sich um eine genetischeForm der Epilepsie handelt. Sollte das nicht klar belegt sein, heißt es nicht, dass alle Wurfgeschwister, Eltern und Nachkommen von der Zucht auszuschließen sind.
Generell gilt zu sagen, dass die Populationsgröße auch auf den Markt abgestimmt sein soll. Dabei soll berücksichtigt werden, dass zum Beispiel jagdlich eingesetzte Hunde, auch hoffentlich nur an Jäger abgegeben werden oder an jemanden, der mit diesen Rassen umgehen kann. Also können nicht alle Hunde zur Zucht eingesetzt werden, denn sonst würde die Population in kurzer Zeit explodieren.
Und es gibt auch das gegenteiligePrinzip der Verknappung. Schweißhundeverbände halten die Population oft ganz bewusst klein und decken kaum die Nachfrage in den eigenen Reihen. Um hier entgegenzuwirken, könnte man aus jedem Wurf ein bis zwei züchterisch interessante Geschwister mit möglichst unverwandten Hunden aus ganz anderen Linien paaren.
Regenerationszucht
Dieser Begriff wird eher selten angewandt und bedeutet kurz zusammengefasst, das Einkreuzen mit wenigen Hunden einer eng verwandten Rasse. Diese Strategiemuss sehr genau abgewogen und wissenschaftlich begleitet werden vonZuchtexperten.
Inzucht
Führt letztlich zur genetischen Verarmung der Rasse und damit Aussterben der Rasse, wenn es konsequent weitergeführt wird.
Es kann passieren, dass eine Rasse genetisch “fertig ist”. Wie zum Beispiel die hochspezialisierte, ehemalige Jagdhunderasse „Lundehunde“.
DNA-Biobanken
Gendaten oder DNA-Daten werden erfasst. Einerseits werden Fragen bezüglich Abstammung ausgeschlossen, andererseits hat die DNA-Biobank bei den Weimaranern beispielsweise gebracht, dass man einen neuentstandenen Gendefekt für PRA innerhalb von acht Monaten identifizieren konnte und damit dann die weitere Ausbreitung des Gendefekts verhindern konnte.
Die Kosten einer DANN Biobank sind unterschiedlich zwischen verschiedenen Anbietern und liegen bei rund € 40 pro Hund.
Die hohe Kunst des Züchtens
Anhand eines konkreten Beispiels: Wenn ich das Problem oder den Eindruck habe, dass meiner Zucht, die Wildschärfe abhanden gekommen ist.
Wenn bei einer Merkmalsausprägung wie Wildschärfe viele verschiedene Genejeweils einen geringen Einfluss ausüben, dann kann ich das gewünschte Ziel vielleicht mit viel züchterischer Erfahrung erreichen – oder einfach mit Glück.
Welche Hilfestellung bietet z.B. der VDH den Zuchtvereinen und Züchtern?
Der VDH bietet breiteste Ausbildungsmöglichkeiten.
Das komplette Interview kannst du hier nachlesen:
Beitragsbild: Prof. Dr. Epplen mit seiner Langhaar-Weimaranerhündin Xylonavom Fenriswolf. Foto: privat